Gesamtzahl der Seitenaufrufe

02.08.2020

Eine Reise in die Vergangenheit

Im Alter, so sagt man, lässt das Kurzzeitgedächtnis nach aber das Langzeitgedächtnis soll immer besser funktionieren. Also machte ich mich dieser Tage einmal auf eine Reise in meine Cuxhavener Vergangenheit auf........ Meine Eltern stammen von der pommerschen Ostseeküste (heute Polen). Mein Vater (Kampfschwimmer und Minen - und Torpedospezialist) war Ende 1944 in britische Gefangenschaft geraten und meine Mutter hatte sich Anfang 1945, hochschwanger, einem Flüchtlingstreck nach Westen angeschlossen. Ihr Ziel.......Cuxhaven. Dort lebte der Bruder meines Großvaters mit seiner Frau Maria. Onkel Charlie, eigentlich Karl - Friedrich, war Kapitän, der noch mit Frachtenseglern um Kap Hoorn gesegelt war. Sie besaßen dort ein Haus hinterm Deich und boten ihr Unterschlupf. Nachdem mein Vater 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, stieß er zu uns und vervollständigte unsere kleine Familie, denn Ende Mai 1945, drei Wochen nach Kriegsende, verließ ich den schützenden Leib meiner Mutter und wagte mich, nachdem die Kriegsgefahr vorbei war, in das Licht der Öffentlichkeit. Oma Selma und Opa Fritz wurden aus Polen ausgewiesen und kamen nur mit dem, was sie am Leibe hatten, auch in Cuxhaven an. Nun wurde es in dem Haus vom Käpt´n Charlie ziemlich eng. Mein Vater ließ sich von der Stadt ein Stück Brachland zuweisen das er mit Hilfe der Familie urbar machte und auf das er eine 25 m² Baubaracke aufstellte. Hier verbrachte ich die ersten Jahre meiner Kindheit. Ab 1948 (zwischenzeitlich waren wir zu viert) bekam Charlie ein Kommando auf einem Fischdampfer und nahm Vater mit auf See. Später ging er zum Kampfmittelräumdienst. Beides war für damalige Verhältnisse gut bezahlt und so kaufte er Anfang der Fünfziger für zwanzigtausend Mark ein damals schon recht altes Wohnhaus mit einer Fischräucherei und machte sich als Fischhändler selbstständig........In diesem Haus lebte ich mit meinen Eltern und meinem Bruder, der 1957 in der Elbe ertrank, bis ich 1959, drei Tage vor meinem vierzehnten Lebensjahr, meine seemännische Ausbildung in der Hochseefischerei begann und mich danach viele Jahre in der Weltgeschichte herumtrieb. Jetzt........über sechzig Jahre später, habe ich unser damaliges Haus, das zwischenzeitlich nicht mehr bewohnt ist, besucht, um mir einige Erinnerungen an meine Kindheit zurückzuholen. Aber eigentlich hat es mich, in dem verfallenden Zustand, in dem ich es angetroffen habe, eher an die eigene Vergänglichkeit erinnert........ denn nichts währt ewig.


Dieses Haus, Baujahr 1895, haben meine Eltern Anfang der 50 iger erworben. Links am Anbau war die Einfahrt zur Räucherei mit Überschrift "Fischräucherei R. Mach" und im Hintergrund stand früher ein ca. acht Meter hoher Schornstein, der Räucheröfen.


Das erste Fenster war das Kühlhaus und das zweite Büro. Dahinter eine Tür für die Raucherpause der Mitarbeiter.


Dieses Trümmerfeld war die eigentliche Räucherei mit vier Öfen und wurde von den Eigentümern nach uns (ab Ende 1970) nach dem Abriss offensichtlich nie mehr betreten.


Vielleicht hätte ich es mal mit Ausgrabungen versuchen sollen.......wer weiß was da noch verborgen ist


Dieses freie Stück, das uns als Spielplatz diente, war von einer Mauer mit einem extra Tor umgeben. Dahinter verbarg sich unser uneinnehmbares Indianerdorf mit Schilfhütten Marke Eigenbau.........


Bei einem Blick in den Cuxhavener Amerikahafen fällt mir sofort das große Schwimmdock der Mützefeldwerft ins Auge. Auf dieser Werft habe ich 1959, noch dreizehnjährig und eher unfreiwillig, mein erstes eigenes Geld verdient. 


Allerdings lag diese Werft zu der Zeit noch fast mitten in der Stadt. Aber auch damals herrschte auf der Werft schon ein reger Reparaturbetrieb. Küstenfrachter, Fischdampfer, und Behördenschiffe, wie das Fischereischutzboot "Poseidon" (im Vordergrund), auf dem mein Vater in den 50 zigern einmal als Taucher angemustert hatte, wurden dort an Land gezogen und repariert.
Ich wollte eigentlich Seemann werden, konnte aber, da ich bei meiner Schulentlassung erst dreizehn war und das Mindestalter für Seeleute vierzehn war, noch nicht anmustern. Auf der Werft aber durfte ich schon arbeiten und so verbrachte ich dort, als "Schietgänger" , die unter anderem die Bilgen der Schiffe reinigen mussten, die ersten Monate meines Berufslebens und wartete sehnsüchtig darauf, endlich vierzehn zu werden. 

 

Dann war es endlich soweit.......ich wurde Seemann. Auf dem Foto in meinem ersten Seefahrtsbuch von 1959 bin ich noch 13 Jahre. Am 29.05. ging ich an Bord und wir gingen direkt auf Fangfahrt in die Nordsee.. Am 31.05. wurde ich 14 und ab dem 01.06.1959 war ich dann auch offiziell angemustert.
Weiteres dazu hier im Blog in meiner Biografie "Von Einem der auszog das Leben zu lernen"